Artemisia annua, auch bekannt als Einjähriger Beifuß oder Süsser Beifuß, ist eine Pflanzenart, die in der traditionellen Medizin verschiedener Kulturen eine lange Geschichte hat. Besonders bemerkenswert ist die Verwendung von Artemisia annua in der chinesischen Medizin, wo sie als Qinghao bekannt ist. Die Pflanze ist dafür bekannt, eine Vielzahl von bioaktiven Verbindungen zu enthalten, insbesondere Artemisinin, das als wirksames Antimalariamittel anerkannt ist. Botanik: Artemisia annua gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae) und ist eine einjährige Pflanze. Sie hat fein gefiederte Blätter, die einen süßen Duft verbreiten. Die Pflanze blüht mit kleinen, unscheinbaren gelben Blüten. Traditionelle Verwendung: In der traditionellen chinesischen Medizin wird Artemisia annua seit Jahrhunderten verwendet, um Fieber zu behandeln. Es wurde auch bei anderen Beschwerden wie Entzündungen und Blutstörungen eingesetzt. Die chinesische Verwendung von Artemisia annua als Antimalariamittel geht auf die antike Medizin zurück. Artemisinin: Artemisinin ist eine bioaktive Verbindung, die aus den Blättern und Blüten von Artemisia annua gewonnen wird. Diese Verbindung hat starke antimalarische Eigenschaften und ist besonders wirksam gegen den gefährlichen Malariaerreger Plasmodium falciparum. Die Entdeckung von Artemisinin durch die chinesische Forscherin Tu Youyou im Jahr 1971 führte zu einer Revolution in der Malaria-Behandlung. Antimalariamittel: Artemisinin-basierte Kombinationstherapien (ACTs) sind heute Standardbehandlungen für Malaria. Diese Medikamente haben sich als äußerst effektiv erwiesen und haben dazu beigetragen, die Malaria-Belastung in vielen Teilen der Welt zu reduzieren. Weitere medizinische Anwendungen: Abgesehen von der Malaria-Behandlung wird Artemisia annua auch für andere medizinische Zwecke erforscht. Es gibt Hinweise darauf, dass die Pflanze antimikrobielle, entzündungshemmende und krebsbekämpfende Eigenschaften haben könnte. Forschung in diesen Bereichen ist jedoch noch im Gange, und weitere Studien sind erforderlich, um die vollen Potenziale zu verstehen. Kulturelle Bedeutung: Die Entdeckung von Artemisinin und seine Verwendung als Antimalariamittel führten dazu, dass Tu Youyou 2015 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin erhielt. Dies unterstreicht die globale Bedeutung von Artemisia annua in der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. Anbau und Verfügbarkeit: Artemisia annua wird weltweit angebaut, besonders in Regionen mit gemäßigtem Klima. Der Anbau der Pflanze hat aufgrund ihrer medizinischen Bedeutung zugenommen, insbesondere in Ländern mit hohem Malaria-Risiko. Artemisinin ist ein sekundärer Pflanzenstoff, chemisch ein Sesquiterpen, der in den Blättern und Blüten des Einjährigen Beifußes (Artemisia annua) vorkommt. Charakteristisch für die Struktur von Artemisinin sind ein Trioxanringsystem und eine Peroxidbrücke. In Vietnam, China und Afrika wird Artemisinin zur Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Stämmen von Plasmodium falciparum, dem Erreger der Malaria tropica, eingesetzt. Während Beifuß vielen vor allem als Hauptbestandteil von Absinth und Wermut bekannt ist, wird eine spezielle Art von Wermut, Artemisia annua, in China seit Jahrhunderten als Heilpflanze zur Malariabehandlung genutzt. Vor einigen Jahren entdeckten Henry Lai und Narendra Singh von der Universität Washington, dass das Wermutderivat Artemisinin auch ein vielversprechendes Mittel gegen Krebs ist. Die Nutzung von Artemisinin war lange Zeit in Vergessenheit geraten. Erst in den 1970er Jahren wurden bei einer archäologischen Grabung antike Heilmittelrezepte gefunden, darunter auch eines für Artemisinin. Seitdem erlebte der Stoff eine Erfolgsgeschichte und wird heute häufig zur Bekämpfung von Malaria in Asien und Afrika eingesetzt. Wirkung gegen Malaria und Krebs Das Geheimnis seiner Wirkung liegt in seiner Reaktion mit Eisen, das in hohen Konzentrationen in Malariaerregern vorkommt. Wenn Artemisinin mit Eisen in Kontakt kommt, entsteht eine chemische Reaktion, die freie Radikale erzeugt. Diese greifen die Zellmembranen der Malariaparasiten an, reißen sie auseinander und vernichten so den Erreger. Da Krebszellen große Mengen an Eisen benötigen, um ihre DNA bei der Zellteilung zu reproduzieren, enthalten sie deutlich höhere Eisenkonzentrationen als normale Zellen. Bei Verabreichung von Artemisinin wird eine ähnliche Reaktion wie bei Malaria ausgelöst, wodurch Sauerstoffradikale in der Krebszelle freigesetzt werden und die Zelle zerstören. Diese Befunde wurden in Brustkrebszellkulturen bestätigt. Acht Stunden nach der Exposition gegenüber Artemisinin waren 75 Prozent der Zellen vernichtet, nach 16 Stunden lebte praktisch keine mehr. Bei Leukämiezellen war das Ergebnis noch beeindruckender: Sie waren bereits nach acht Stunden vollständig zerstört. Vorteile von Artemisinin - Es ist selektiv: Es wirkt toxisch auf Krebszellen, hat aber fast keinen negativen Effekt auf normale Zellen. - Krebszellen, die gegenüber Zytostatika resistent sind, reagieren auf den Wirkstoff. - Alle Krebsarten sind empfindlich gegenüber Artemisinin. - Besonders bemerkenswert ist, dass Brustkrebszellen, die auf eine Strahlenbehandlung nicht angesprochen hatten, auf Artemisinin empfindlich reagierten. Dies deutet darauf hin, dass Artemisinin auch bei Krebsarten erfolgreich sein könnte, bei denen konventionelle Therapien bisher nicht wirkten. Einfluss auf die Neoangiogenese Bei aggressiveren Krebsarten wie Bauchspeicheldrüsenkrebs oder akuter Leukämie sind die Testergebnisse sehr vielversprechend. Diese Krebsarten zeichnen sich durch eine extrem schnelle Zellteilung und dadurch höhere Eisenkonzentrationen aus. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass Artemisinin auch die Neoangiogenese beeinflussen kann. Der Stoff könnte somit verhindern, dass der Tumor neue Blutgefäße bildet und Metastasen entwickelt. Artemisinin in der komplementären Tumortherapie Im Rahmen einer komplementären Tumortherapie werden Krebspatienten vor der Gabe von Artemisinin mit Eisen vorbereitet. Danach werden 3 – 6 Milligramm Artemisinin pro Kilogramm Körpergewicht verabreicht. Nach sechs Wochen erfolgt ein erneutes Priming mit Eisen, gefolgt von einer weiteren sechswöchigen Gabe von Artemisinin. Artemisinin kann gezielt Krebszellen töten, während normale Zellen unverletzt bleiben. Henry Lai von der Universität Washington sagt: „In Zellkulturen ist Artemisinin allein etwa 100-mal wirksamer darin, Krebszellen zu töten, als bekannte Zytostatika.“ Krebszellen benötigen aufgrund ihrer schnellen Vermehrung mehr Eisen für die DNA-Replikation als normale Zellen. Sie können mehr Eisen aufnehmen, weil sie an ihrer Oberfläche deutlich mehr Transferrin-Rezeptoren besitzen. Diese Rezeptoren ermöglichen einen schnellen Eisentransport ins Zellinnere, wodurch die Krebszellen mit Eisen vollgepumpt werden. Transferrin, ein eisenbindendes Protein, dient dabei als trojanisches Pferd: Die Krebszellen erkennen Transferrin als natürliches Protein und nehmen vermehrt Eisen auf. Das applizierte Artemisinin kann dann aus dem gebundenen Wasserstoffperoxid aggressive Sauerstoffradikale freisetzen, die die Krebszellen zerstören.